Steuern
Der Zusammenhang zwischen Steuerpolitik und Bankwesen ist eng und vielschichtig. Schweizer Vermögensverwaltungsinstitute müssen sich zudem mit politischen und regulatorischen Vorgaben auf kantonaler, nationaler und internationaler Ebene auseinandersetzen. Die VAV-Steuerexpertengruppe setzt sich gemeinsam mit anderen Schweizer Bankenverbänden bei relevanten steuerpolitischen Themen für adäquate steuerrechtliche Rahmenbedingungen ein.
Automatischer Informationsaustausch
Im Juli 2014 hat der Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) verabschiedet. Dieser ermöglicht es, mehr Steuertransparenz zu schaffen und grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu verhindern. Bisher haben sich mehr als 100 Staaten, darunter alle wichtigen Finanzzentren, zur Übernahme dieses Standards entschlossen, wozu seit 2017 auch die Schweiz gehört. Ende 2023 haben sich zudem 50 Staaten, darunter die Schweiz, zum erweiterten AIA bekannt. Diese Erweiterung betrifft Kryptowerte (Crypto-Asset Reporting Framework, CARF) und soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Die USA bekennen sich weiterhin nicht zu den OECD-Standards. Sie wenden eine unilaterale US-Regelung an, die weltweit für alle Länder gilt, den «Foreign Account Tax Compliance Act» (FATCA). Für ausländische Finanzinstitute ist die Umsetzung des FATCA mit grossem administrativem und finanziellem Aufwand verbunden. Dieser Aufwand wird für Schweizer Finanzinstitute durch das FATCA-Abkommen von 2014 zwischen der Schweiz und den USA reduziert. Im Juni 2024 haben die Schweiz und die USA ein neues FATCA-Abkommen unterzeichnet, die den automatischen Informationsaustausch vorsieht (der sogenannte Wechsel auf «Modell 1»). Der Vollzug dieses Abkommens erfordert eine Anpassung des nationalen Rechts.
Im Rahmen der öffentlichen Vernehmlassung hat die VAV eine Stellungnahme eingereicht, in der sie den Modellwechsel grundsätzlich unterstützt, jedoch die ersatzlose Streichung der vorgesehenen Strafbestimmung für Fahrlässigkeit im Rahmen der Umsetzung von FATCA fordert. Darüber werden die Eidgenössischen Räte in der Schweiz entscheiden. Nach aktueller Planung sollte der Wechsel zum neuen System in der Schweiz per 1. Januar 2027 in Kraft treten.
OECD-Mindeststeuer
Mit dem Projekt Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) wurde 2015 seitens OECD und G20 eine grundlegende Neuordnung des internationalen Unternehmenssteuerrechts in die Wege geleitet. Dieses gliedert sich in zwei Säulen (Pillar): Während Pillar 1 eine Anknüpfungsregel für die Gewinnbesteuerung am Ort des Konsums darstellt, sieht Pillar 2 einen globalen Mindeststeuersatz von 15 Prozent für internationale Konzerne mit einem Umsatz von über EUR 750 Mio. vor. Während die Umsetzung von Säule 1 unter anderem wegen der Zurückhaltung der USA in der Schwebe ist, ist die Einführung von Säule 2 weit fortgeschritten. Grosse Länder wie die USA, China und Indien haben sich jedoch noch nicht zur Umsetzung verpflichtet. Der globale Fortbestand dieses Systems ist daher ungewiss.
Nichtsdestotrotz erfolgte die Umsetzung der Mindestbesteuerung in der Schweiz rasch mittels einer Verordnung. Volk und Stände haben die dafür nötige Verfassungsänderung im Juni 2023 gutgeheissen, sodass die Schweiz die OECD-Mindeststeuer per 1. Januar 2024 mit der Einführung einer innerstaatlichen Ergänzungssteuer umgesetzt hat. Über die Einführung der internationalen Ergänzungssteuer (Income Inclusion Rule, IIR) hat der Bundesrat im September 2024 entschieden mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2025. Innerhalb von sechs Jahren muss der Bundesrat zudem dem Parlament ein Bundesgesetz vorlegen, das die Verordnung ablöst.
Die VAV begrüsst, dass 75% der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer den Kantonen zufliessen, damit sie zur Entlastung der betroffenen Unternehmen in den jeweiligen Kantonen verwendet werden können. Schliesslich geht es darum, dass der Standort Schweiz möglichst attraktiv bleibt bzw. dass Massnahmen ergriffen werden, um den wegfallenden Vorteil der niedrigen Steuern zu kompensieren.
Altersvorsorge und Fiskalpolitik
Wie zahlreiche andere Länder ist auch die Schweiz mit der Herausforderung konfrontiert einen ausgeglichenen Staatshaushalt sicherzustellen, insbesondere aufgrund bedeutender demografischer Veränderungen.
Ein Beispiel hierfür ist die im Frühjahr 2024 beschlossene 13. AHV-Rente, die das finanzielle Ungleichgewicht der AHV weiter verschärfen wird. Die Finanzierung der damit verbundenen Mehrausgaben ist noch offen und umstritten. Während der Bundesrat zur Finanzierung der Mehrausgaben eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vorschlug, schwanken die Räte zwischen einer temporären Erhöhung der Mehrwertsteuer (Nationalrat) und einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zusammen mit einer Erhöhung der Lohnbeiträge (Ständerat). Eine moderate Erhöhung der Mehrwertsteuer hat den Vorteil, dass die Mehrausgaben von der gesamten Bevölkerung getragen werden und somit die Generationengerechtigkeit besser gewahrt bleibt. Eine Erhöhung der Lohnbeiträge, die allein von den Erwerbstätigen getragen werden müsste, dürfte hingegen zu einer Erhöhung der Arbeitskosten führen und somit die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz beeinträchtigen.
Um Defizite zu vermeiden, die Schuldenbremse einzuhalten und den Bundeshaushalt mittelfristig im Gleichgewicht zu halten, hat der Bundesrat zudem ein Entlastungspaket (Entlastungspaket 27) mit ausgewählten Massnahmen erarbeitet und am 29. Januar 2025 in die Vernehmlassung geschickt. Im Rahmen dieses Entlastungspakets schlug der Bundesrat unter anderem eine Erhöhung der Besteuerung von Kapitalbezügen aus der zweiten und dritten Säule vor.
Während die VAV grundsätzlich Massnahmen zur Eindämmung des Wachstums der Staatsausgaben und zur Sicherung des Haushaltsgleichgewichts begrüsst, sieht sie in der Erhöhung der Besteuerung von Kapitalbezügen aus der zweiten und dritten Säule eine Massnahme, die zu einer Verringerung der Attraktivität der beruflichen Vorsorge führen würde. Die vorgeschlagenen Massnahmen im Bereich der beruflichen Vorsorge würden das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Institutionen schwächen und die Anreize zur privaten Vorsorge gerade in einer Zeit reduzieren, in der diese gefördert werden sollte. Entsprechend hat sich die VAV im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zu diesem Entwurf deutlich gegen diese Massnahme ausgesprochen.